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Reiner Riedler "This Side of Paradise" Fotografien 1992 – 2022

Reiner Riedler zählt zu den international erfolgreichsten zeitgenössischen Fotografen Österreichs. Das Fotomuseum WestLicht widmet dem „Chronisten der Sehnsüchte“ nun erstmals eine umfassende Werkschau.

Astronaut, Hotel Topkapi Palace, Turkey, 2006 aus der Serie und dem gleichnamigen Buch “Fake Holidays”, Moser Verlag, 2009
Ein uniformiertes Erschießungskommando, das zahlenden Tourist:innen den Schauer des letzten Moments auf Erden näherbringen soll.

REINER RIEDLER. THIS SIDE OF PARADISE FOTOGRAFIEN 1992 – 2022
04.03. – 15.05.2022

ÖFFNUNGSZEITEN
Di, Mi, Fr 14–19 Uhr Do 14–21 Uhr
Sa, So 11–19 Uhr Mo geschlossen

Eröffnung am 03.03. um 19 Uhr – in Anwesenheit von Reiner Riedler
Anmeldung: anmeldung@westlicht.com
Für den Eröffnungsabend gilt die 2G-Regel.

Superman over Red Square, Turkey, 2006 aus der Serie und dem gleichnamigen Buch “Fake Holidays”, Moser Verlag, 2009
Ein Animateur im zerschlissenen, mit Schweißflecken übersäten Superman-Kostüm, der reiche, im Pool badende Russinnen unterhält.

Horizon 1, Tropical Islands, Deutschland, 2007, aus der Serie und dem gleichnamigen Buch “Fake Holidays”, Moser Verlag, 2009
Oder Badegäste, die sich vor dem künstlichen Himmel einer Berliner Indoorwelt der Illusion vom „Urlaub in den Tropen“ hingeben.

This Side of Paradise, so der Titel der neuen Ausstellung im Fotomuseum WestLicht, zeigt Aufnahmen, in denen sich der österreichische Fotograf Reiner Riedler mit dem zutiefst menschlichen Streben nach Glück auseinandersetzt.

Aufbauarbeiten im Schauspielhaus Wien während des ersten Lockdowns, 2020, aus der Serie und dem gleichnamigen Buch „End of the Night“, Fotohof Editionen, 2022

Bunte Glühbirnen im „Camera Club“ während des ersten Lockdowns, 2020, aus der Serie und dem gleichnamigen Buch „End of the Night“, Fotohof Editionen, 2022

Dafür sucht der „Chronist von Sehnsüchten“, wie er bezeichnet wird, bevorzugt Orte auf, die zumindest eine kurzfristige Möglichkeit zur Flucht aus dem Alltag versprechen: künstliche Freizeitwelten, die er in seiner viel beachteten Serie Fake Holidays entlarvend dokumentiert hat, einen mitten in einer postsozialistischen Plattenbautristesse Station machenden Russian Circus, die Pleasure Gardens der Swinger- und Fetischclubszene oder die in seiner jüngsten Serie End of the Night beleuchteten, pandemiebedingt stillgelegten Musikclubs und Tanzcafés.

Nudist auf der Wiener Donauinsel, 2003, aus der Serie „This Side of Paradise“

Für die bislang unveröffentlichte Serie This Side of Paradise schließlich porträtierte Riedler mehr als 20 Jahren lang Menschen, die sich auf alibi-traditionellen Krampus-Umzügen, München- nachahmenden Wiesenfesten oder animationsorientierten Erotikmessen den exzessiven Auswüchsen der modernen Eventkultur hingeben.

Country Island während des Donauinsel Festes, Wien, 2004

Schaumparty in St. Petersburg, 2012, aus der Serie „The Dark Curtain“ während der Weißen Nächte in St. Petersburg

„Was die Menschen treibt, ist ein unstillbares Verlangen, alles und immer mehr zu konsumieren, um dem beschwerlichen Alltag entfliehen und sich zumindest für kurze Momente im Paradies wähnen zu dürfen“, so Riedler über seine Erfahrungen. „Letztlich muss dieser Eskapismus aber – wie der Ausstellungstitel suggeriert – immer erfolglos bleiben.“

Festbankett zur Eröffnung eines Kindergartens, Izmail, Ukraine, 1999 aus der Serie und dem gleichnamigen Buch „Ukraine. Photographien“, Edition Fotohof im Otto Müller Verlag, 2003

Minsk World, Shenzhen, China, 2008, aus der Serie und dem gleichnamigen Buch “Fake Holidays”, Moser Verlag, 2009. Die Minsk ist ein ehemaliger russischer Flugzeugträger und steht jetzt im Hafen von Shenzhen als Freizeitpark

Strassenhändler bei Kahowka, aus der Serie "Ukraine", aus der Serie und dem gleichnamigen Buch „Ukraine. Photographien“, Edition Fotohof im Otto Müller Verlag, 2003

Mit seiner in der klassischen Dokumentarfotografie verankerten und grundsätzlich seriell angelegten Fotografie zählt der in Wien lebende Künstler zu den – auch international – erfolgreichsten zeitgenössischen Fotografen Österreichs und hat einzelne Serien u.a. bereits im Pariser Centre Pompidou oder am TIFF in Toronto ausgestellt. WestLicht präsentiert nun erstmals eine umfassende Werkschau, die einen breiten Bogen über sein mehr als 30-jähriges Schaffen spannt.

„Das Fotomuseum WestLicht hat es sich zur Aufgabe gemacht, neben internationalen Klassikern, auch die Werke österreichischer Künstler und Künstlerinnen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, so WestLicht-Gründer und Vorstand Peter Coeln. „Wir freuen uns daher, erstmals das umfassende, in seiner Konsistenz und Qualität wirklich beeindruckende Gesamtwerk von Reiner Riedler präsentieren zu können“.

Dabei wird schon in den frühen Arbeiten Riedlers Gespür für einfühlsame Porträts sichtbar. Wie etwa die bis Ende der 1990er-Jahre noch in Schwarzweiß gehaltenen Momentaufnahmen aus den Serien Obdachlose, Albanien oder Ukraine zeigen, schafft er es, Menschen auch in prekären Situationen abzulichten, ohne sie dabei je bloßzustellen.

Männerwohnheim Meldemannstraße Mitte der 1990 Jahren aus der Serie „Obdachlose in Wien“

Kinder im Hafen von Durres, Albanien, 1997, aus der Serie und dem gleichnamigen Buch „Albanien. Leben an der Peripherie“, Triton Verlag, 1999

Zirkusprinzessin, Selenograd, Russland, 2004 aus der Serie und dem gleichnamigen Buch „Russian Cirkus“, Edition 5Haus, 2022

Abgerundet wird die von Rebekka Reuter und Michael Reitter-Kollmann kuratierte Schau durch Auszüge aus Riedlers konzeptuellen Werkgruppen, in denen er sich nicht zuletzt auch mit dem Medium selbst auseinandersetzt: So rufen etwa die durchleuchteten Filmrollen aus The Unseen Seen Emotionen rund um den Sehnsuchtsort Kino, aber auch ein Bedauern über den Verlust der analogen Technik hervor. Bei Sweat verweisen die auf spezialbeschichtete Baumwolle gebannten und später reproduzierten Schweißabdrücke von menschlichen Körpern nicht nur auf ein Grundprinzip des fotografischen Verfahrens, sondern in der Assoziation mit dem Turiner Grabtuch auch auf die geheimnisvollen Grenzen des irdischen Daseins.

Eisfischer in Weißrussland, 2004

This Side of Paradise ist WestLichts Beitrag zur diesjährigen Foto Wien (09. – 27.03.). Begleitend zur Ausstellung erscheint ein von WestLicht herausgegebenes Posterbuch in einer limitierten Sonderedition.

Mehr zu Reiner Riedler

Reiner Riedler, geboren 1968 in Gmunden, besuchte nach Studien der Ethnologie, Publizistik und Musikwissenschaften das Kolleg für Fotografie an der Höheren Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Er arbeitete viele Jahre als Fotojournalist. Später Masterstudium der Bildwissenschaften an der Donauuniversität Krems. 2017 gründete er das Fotobuchlabel Reflektor, 2020 das Kollektiv Artscope Vienna, das sich der Visualisierung von Kunsträumen widmet.

Seine Arbeiten wurden weltweit auf zahlreichen Fotofestivals und vielfach in Ausstellungen präsentiert, etwa im Centre Pompidou/ Paris, in der Kunsthalle Schirn/ Frankfurt, im Josephinum/ Wien, im Stadthaus Ulm, in der Deutschen Kinemathek/ Berlin oder am TIFF/ Toronto.

Sein Werk wurde mit Preisen wie etwa dem La Fábrica Photobook Award, dem Prix L’honneur Levallois, dem Spezialpreis des Bayerischen Hospiz oder dem Kaunas Grand Prix ausgezeichnet.

Folgende Serien sind als Bücher erschienen:
END OF THE NIGHT, Edition Fotohof, Otto Müller Verlag, Salzburg 2022 SWEAT, Reflektor, Wien 2019
MEMORY DIAMONDS, Reflektor, Wien 2017
WILL, La Fábrica, Madrid 2016
THE UNSEEN SEEN, Deutsche Kinemathek, Berlin 2014
ALTERED STATES, Edition Filigrane, Paris 2011
FAKE HOLIDAYS, Moser Verlag, München 2009
GESTÜRMTE FESTUNG EUROPA, Styria Verlag, Wien 2006
UKRAINE. FOTOGRAFIEN, Edition Fotohof, Otto Müller Verlag, Salzburg 2003 ALBANIEN, LEBEN AN DER PERIPHERIE, Triton Verlag, Wien 2001

Reiner Riedler lebt und arbeitet in Wien.
www.photography.at

Über WestLicht

WestLicht. Schauplatz für Fotografie zählt seit 20 Jahren zu Europas führenden Fotoinstitutionen und hat seit der Gründung im Jahr 2001 durch den Fotografen und Sammler Peter Coeln mehr als 100 Ausstellungen präsentiert.

Das Museum holt regelmäßig Klassiker der Fotogeschichte nach Wien und sorgte mit Wechselausstellung etwa zu Vivian Maier, Bruce Davidson, Diane Arbus, Edward Steichen, der Magnum Fotoagentur oder dem Phänomen Polaroid auch international für Aufsehen. Darüber hinaus hat es sich WestLicht zur Aufgabe gemacht, auch wegweisende österreichische und zeitgenössische Fotokünstler und Künstlerinnen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mit dem World Press Photo Contest ist alljährlich im Herbst die wichtigste Leistungsschau der internationalen Pressefotografie zu Gast.

Eine ständige Ausstellung zur Geschichte der Kameratechnik macht mit einer Vielzahl seltener Exponate die Entwicklung der Fotografie von der Frühzeit um 1839 bis zur Digitalisierung erlebbar.

Ergänzt durch zahlreiche Vorträge, Diskussionsveranstaltungen und auf spezielle Zielgruppen zugeschnittene Führungen, bietet WestLicht jährlich rund 50.000, vorwiegend jungen Besucherinnen und Besuchern einen allumfassenden Einblick in die faszinierende Welt der Fotografie.

www.westlicht.com