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Billi Thanners Himmelsleiter für den Stephansdom

Billi Thanner, Himmelsleiter, 2021, Installation für den Stephansdom (außen), Aluminum, goldgelb lackiert, 36 Meter, 33 Sprossen, Foto Jenni Koller, © Bildrecht Wien, 2021

„Die Kunst und nichts als die Kunst! Sie ist die große Ermöglicherin des Lebens, die große Verführerin zum Leben, das große Stimulans des Lebens.“ in Dankbarkeit zitiert Billi Thanner Friedrich Nietzsche.

In ihrer Installation Himmelsleiter für den Wiener Stephansdom und die Performance Die 33 Tugenden, die am Mittwochabend im Stephansdom begleitend zu ihrer aktuellen Arbeit stattfand, thematisiert Billi Thanner das menschliche Handeln im Hinblick auf unser moralisches und ethisches Verhalten.

„Was soll ich tun?“, „Wie verhalte ich mich richtig?“ Das sind Fragen, die alle Menschen ein Leben lang in den unterschiedlichsten Situationen und Kontexten begleiten und beschäftigen, wenn es um Menschenwürde, Freiheit und Toleranz im menschlichen Zusammenleben geht. Welche Maßstäbe eines guten und gerechten Verhaltens legen wir an, wenn sich Probleme und Konflikte aus den verschiedenen Interessen der einzelnen Menschen unabhängig von Geschlecht, Alter, Religion und Kultur ergeben.

Billi Thanner, Himmelsleiter, 2021, Installation für den Stephansdom (innen), Aluminum, goldgelb lackiert, 18 Meter, 21 Sprossen, Foto Jenni Koller, © Bildrecht Wien, 2021

HIMMELSLEITER

Die Himmelsleiter, die die Wiener Künstlerin für das bevorstehende Osterfest konzipiert hat, besteht aus einer Neonleiter, die im Inneren des Stephansdoms, bei der Taufkapelle beginnt, das Gewölbe durchstößt und dann bis auf die Spitze des Südturms beginnend bei einer Höhe von 90 Meter bis auf eine Höhe von 136 Meter führt. Die Installation, die besteht aus zwei Teilen – eine im Inneren des Stephansdom – 18 Meter hoch mit 21 Sprossen –und eine weitere an der Südspitze des Südturms – 36 Meter hoch mit 33 Sprossen – . Beide Leitern sind aus Aluminium und Neon gefertigt und goldgelb lackiert. Um den Verhältnissen – Wind und Regen  – standhalten zu können, denen die auf der Turmspitze montierte Leiter immer wieder ausgesetzt sein wird, hat Billi Thanner die Leiter so konstruiert, dass sich beiden Holme nach oben hin fortlaufend verjüngen.

In der Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag wird die Himmelsleiter vor dem Beginn der Osternachtfeier im Stephansdom (21 Uhr) feierlich zum ersten Mal erleuchtet. Erstrahlen wird die Himmelsleiter dann neongoldleuchtend in den Wiener Nächten bis 31. Mai 2021.

Billi Thanner, Die 33 Tugenden, 2021, Performance im Stephansdom begleitend zur Installation Himmelsleiter, Foto Jenni Koller, © Bildrecht Wien, 2021

DIE 33 TUGENDEN

Mit der Performance Die 33 Tugenden veranschaulicht Billi Thanner die Idee der Himmelsleiter. Jede der 33 Sprossen, jener Leiter, die sich an der Spitze des Südturms befindet, steht für eine der 33 Tugenden, die Billi Thanner ausgewählt hat und welche für sie den Leitfaden für unser menschliches Zusammenleben darstellen.

Gemeinsam mit 32 TänzerInnen verdeutlicht Billi Thanner unter der choreografischen Leitung von Nadja Puttner, die von ihr ausgewählten Tugenden. Jede Tugend wird performativ von einer Tänzerin oder einem Tänzer gestaltet. Die Künstlerin selbst verkörpert die Tugend Freiheit.

„Freiheit, ist für mich Ausdruck und Mittel der individuellen Selbstverwirklichung und das einzige jedem Menschen angeborene Recht, aus dem andere Urrechte allenfalls folgen, ohne ihr darum doch gleichgestellt zu sein. Die Performance ‚Die 33 Tugenden' verdeutlicht was ‚Freiheit’ bedeutet und wie stark andere Tugenden wie z.B. ‚Mut’, ‚Zielstrebigkeit’, ‚Tapferkeit’, ‚Gerechtigkeit’ und ‚Respekt’ damit zusammen hängen. Wenn wir uns der ‚Freiheit’ bewusst sind, was auch voraussetzt ‚Selbstsein-Können’, auch gegenüber ‚dem anderen Selbstsein’, erkennen wir, dass nur mit „Kollektiver Standhaftigkeit“  – dem kollektiven Zusammenhalt – der Einzelne in der Gemeinschaft existieren kann und von ihr getragen wird. Es sind nicht die einzelnen Tugenden, die beliebig zu etwas führen, was unserem Begriff von Moral gerecht wird, sondern möglicherweise die Gesamtheit aller.“ Billi Thanner

BILLI THANNER: ANLEITUNG ZUR PERFORMANCE

"Die Achtsamkeit begleitet von Anstand, getrieben von Ausdauer. Sich selbst raus-nehmen zeigt Bescheiden-heit. Meine Dankbarkeit mit bringe ich mit dieser Performance zum Ausdruck. Diskretion sowie Disziplin machen es möglich. Getanzt wird heute durch alle diese Tugenden, weil viel Fleiß dahinter steckt. Und mit Ehrlichkeit, Freundlichkeit, Geduld, Gerechtigkeit, Gutherzigkeit und Großzügigkeit erleben wir die Hingabe. Getragen davon bleiben wir bei der Höflichkeit. Unsere Klugheit benützen wir mit Mitgefühl, um uns niemals über den anderen zu erheben. Auf Augenhöhe mit Mut, Offenherzigkeit, Respekt, Rücksichtnahme, Selbstlosigkeit und Standhaftigkeit gelingt es uns durch Tapferkeit, Treue, Unvoreingenommenheit, Vergebung, Weisheit, Weltoffenheit und Zielstrebigkeit alle Sprossen erklimmen und erleben wir Beständigkeit."

BILLI THANNER

Billi Thanner hat sich in den künstlerischen Arbeiten der Schönheit verschrieben. Seit den frühen 1990er Jahren ist sie als bildende Künstlerin tätig. Ihr Werk umfasst eine Bandbreite von Genres wie Malerei, Skulptur, plastische Intervention, Rauminstallation, Aktion, und Performance und widmet sich dem Verhältnis zwischen Mensch, Natur, Kunst und Gesellschaft. Für ihre Aktionen und Performances, die interdisziplinär konzipiert sind, lädt die Künstlerin regelmäßig Kulturschaffende und Kreative aus verschiedenen Sparten – Theater, Musik, Tanz, Mode und Design –, aber auch Freundinnen und Freunde zum Mitwirken ein. Mit einer selbstbewußten, kraft-vollen und impulsiven Bildsprache verhandelt Billi Thanner das Ungleichgewicht zwischen sozialen, ökonomischen und ökologischen Handeln: Oberflächlichkeit, maßloser Konsum und Wegwerfmentalität, Ausbeutung von menschlicher Arbeitskraft und der Natur, Umweltverschmutzung und Ressourcen-verschwendung. Aber immer im Mittelpunkt steht der Mensch.

v.l.n.r. Billi Thanner, Ursula Simacek, Geschäftsführerin, SIMACEK Facility Management Group und Dompfarrer Toni Faber Foto Jenni Koller, © Bildrecht Wien, 2021

MIT GROSSER DANKBARKEIT Auf Einladung von Dompfarrer Toni Faber und Dank der Unterstützung von Ursula Simacek, Geschäftsführerin, SIMACEK Facility Management Group im Rahmen ihres Engagements von „Visionary Project“ konnten die Produktion und die Montage der Himmelsleiter sowie die Performance Die 33 Tugenden realisiert werden.

HIMMELSLEITER Performance / Konzept Billi Thanner; Produktion Franz Böhm GmBH, Wien, Lichtwerkstatt Knoll, Wien, KS Ingenieure ZT GmbH, Wien, Wolfgang Markl | Metalltechnik, Wien, Elektro Pokorny Wien;Montage / Projektmanagment und Projektkoordination Daniel Müller; Montage / Leitung Mario Buchwald und Jürgen Kerschner; Montage / Statik Matthäus Groh; Montage / Kletterer Sebastian Cozzarin, Thomas Horak, Daniel Jaworsky, Paul Lehner, Christian Procháska, David Skidelsky, Harald Strizel; Montage / Elektrik Dragan Jankovic, Obrand Negić, Srdjan Radivojevic, Alexander Rantz; Wolfgang Zehetner, Dombaumeister, Domkapitel und Dombauhütte St. Stephan, Wien.

DIE 33 TUGENDEN Performance / Konzept Billi Thanner; Choregrafische Leitung Nadja Puttner; SolosBianca Anne Braunesberger, Mara Kluhs, Nadja Puttner; Maske, Kostüme Wolfgang Reichl; Licht und Ton Bernhard Scholz; Sound Rebecca Rapp; Audiotechnik Martin Fisch; Videoproduktion Sam Masghati; Fotos Jenni Koller.

DANK AN Christian DIOR Couture Wien, Josef Manner & Comp. AG.

INFO www.billithanner.at +++ www.dompfarre.info +++ www.simacek.com +++ http://simacekvisionaryproject.at/